Züchtertreffen und Mitgliederversammlung
Vom 30. September bis zum 03. Oktober 2022 trafen sich die Mitglieder des Bundesverbandes deutscher Salerszüchter und -halter auf Einladung eines Züchterkollegen in Österreich. Hannes Neidl hatte ein spannendes und informatives Programm vorbereitet. Teilweise in Fahrgemeinschaften reisten wir am Freitag aus allen Landesteilen an, checkten im Hotel ein und erholten uns im gemütlichen Ambiente des Restaurants des Marienhofs in Unterkirchbach von der weiten Reise. Unterkirchbach liegt in Niederösterreich, im Einzugsbereich der österreichischen Hauptstadt Wien. Bis zur Stadtgrenze sind es gerade einmal 15 km, also ideal für die Direktvermarktung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse.
Am nächsten Morgen fuhren wir zum Betrieb von Hannes Neidl. Dort leben drei Generationen unter einem Dach, Hannes begrüßte uns zusammen mit seiner Frau Carina, seinen Eltern und seinen beiden Kindern. Nach dem Krieg, so erklärte uns Hannes, gab es in dieser im Ort noch 28 Bauern, heute sind es nunmehr 2.
Die Eltern von Hannes bewirtschafteten seinerzeit einen Gemischtbetrieb in einer Größe von 10 ha, davon 6 ha Wald. Im Jahre 1977 kamen die ersten Schafe, 1990 verließen die Schweine den Hof. Die Rinder, eine Kreuzung aus schottischen Hochlandrindern und ungarischen Steppenrindern, erwiesen sich als nicht optimal, weshalb die Genetik über die Einkreuzung von Fleckvieh verdrängt wurde. Im Jahr 2000 kam dann der erste Salers-Stier. Kurz darauf machte ein Zuchtberater Hannes auf Verkaufsfärsen in Frankreich aufmerksam, von denen zunächst 8 Stück auf seinen Betrieb wechselten. Der Bestand wuchs auf 45 Herdbuchkühe. Viele muslimische Kunden in der Direktvermarktung nehmen zum Opferfest ganze Rinder und teilen das Fleisch innerhalb der Familie auf.
Da es auf den Wiesen kein Wasser gibt und auch kein Wasser in Fässern gefahren wird, kommt die Salers-Herde nachts in den Stall. Mittlerweile wurde der Bestand an Rindern zugunsten der Schafe zurückgefahren. In der Nähe von Wien konnten Flächen mit PV-Anlagen übernommen werden, um sie mit Schafen – Kärntner Brillenschafe und Juraschafe – zu beweiden. Derzeitig beläuft sich der Tierbestand auf 27 Salerskühe, ein in Thüringen erworbenen Zuchtstier und rund 300 Schafe.
Mittlerweile werden 60 ha konventionell in Verbindung mit der Tierhaltung bewirtschaftet und der Betrieb von den Schwiegereltern umfasst 80 ha Acker, welcher biologisch bewirtschaftet wird. Hier wird hauptsächlich Rotklee und Getreide angebaut.
Nach ausgiebiger Besichtigung des Betriebs und der Tiere auf den Weiden ging es zum Mittagstisch zum Wirt im Ort.
Im Anschluss daran stand ein Kurzbesuch der Lourdesgrotte im Wienerwald an. Diese wurde in den Jahren 1923 bis 1925 auf dem Gelände eines aufgelassenen Steinbruches errichtet. Die Einweihung, an der über 60.000 Menschen teilgenommen haben sollen, wurde am 10. Mai 1925 vorgenommen. Die Wallfahrtsstätte befindet sich rund 1,5 km westlich der Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Gugging. Bei der Hauptstraße befindet sich eine Herz-Jesu-Statue. Von dort führt ein Kreuzweg an einer Christophorus-Statue vorbei zur Grotte.
Beeindruckend sind die Marmorstatue der hl Maria Immaculata in der Felsennische sowie das schmiedeeiserne Abschlussgitter der Grotte. Sie sind Nachbildungen der Originale von der Lourdesgrotte in der südwestfranzösischen Stadt Lourdes.
Um 14 Uhr stand die Besichtigung des Betriebes von Andreas Radlherr in Hainbuch an, ein Mutterkuhhalter mit Angus und Fleckvieh. Die Fleckviehkühe werden von einem Angusbullen belegt, die Kälber seien quirliger als reine Fleckviehkälber, so die Begründung des Betriebsleiters. Andreas macht Brennholz, welches er ofenfertig verkauft und vermarktet im Jahr 18 Rindviecher und 40 Schweine, die in der eigenen Schlachterei geschlachtet und über einen Hofladen vermarktet werden.
Als wir an der Weide ankamen und die Herde auf Rufen von Andreas auf uns zukam, viel uns ein großrahmiger Ochse auf, der nicht so recht in das Bild passte. Dazu bekamen wir eine kuriose Geschichte erzählt. Vor sechs Jahren befuhr ein wohlhabender Anwalt aus Wien mit seinem Rad den Weg neben der Weide und beobachtete die Geburt von Martin, so wurde das Kalb getauft. Der Anwalt war so bewegt von diesem Erlebnis, dass Martin adoptierte. Er zahlt einen monatlichen, nicht zu gering angesetzten Obolus dafür, dass der Ochse nicht geschlachtet wird, sondern bis zu seinem natürlichen Ende in der Herde verbleiben darf.
Das Grünland wird extensiv bewirtschaftet. Der erste Schnitt ist recht abgewachsen und geht an Pferdehalter, die Kühe bekommen die Silage vom zweiten Schnitt.
Der Ausklang fand in der hofeigenen, bis dahin vom Bruder geführten Gastwirtschaft statt, in der wir regionale Produkte probieren durften.
Am späteren Nachmittag ging es zur Höheren Bundeslehranstalt und Bundesamt für Wein- und Obstbau nach Klosterneuburg, wo uns zunächst der Verwalter, Herr Mehofer, sehr herzlich begrüßte. Er erklärte uns den Aufbau und die Aufgabe der Einrichtung, auch kurz LFZ Klosterneuburg genannt. Das LFZ ist als österreichisches Lehr- und Forschungszentrum für Wein- und Obstbau dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus direkt unterstellt. Ziel der einzigen österreichischen Bundeslehranstalt auf diesem Gebiet ist es, eine umfassende Ausbildung in den Bereichen Weinbau und Kellerwirtschaft, dem Obstbau und der Obstverarbeitung zu bieten. Im angeschlossenen Bundesamt mit seinem Forschungszentrum werden Forschungsprojekte und Versuche mit engem Praxisbezug ausgeführt. Die Anstalt hat 160 Mitarbeiter in allen Aufgabenbereichen. Pro Jahrgang wird an der Lehranstalt jeweils eine Klasse mit ca. 35 Schülern aufgenommen. Momentan sind dort im Internat 150 Schülerinnen und Schüler untergebracht. Sie kommen hauptsächlich aus Österreich, aber auch aus anderen Ländern, wie Deutschland, Russland, Japan und Schweden. Die Ausbildung bis zur Matura, der Reifeprüfung, dauert insgesamt 5 Jahre.
Während wir die Versuchsflächen mit den Versuchsrebsorten gezeigt bekamen, stieß der Leiter des Instituts, Dr Reinhard Eder, hinzu. Er brachte uns mit hohem Engagement die Geschichte der Lehranstalt näher, präsentierte uns die Einrichtung, die vielen Maschinen, Apparaturen und Geräte und auch die Läger der Weine. Er zeigte uns die Schwerpunkte der Forschung auf und die Herausforderungen, die insbesondere der Mehltau und die aus Amerika importierte Reblaus mit sich bringen und wie man über Neuzüchtungen versucht, diesen Schädlingen Herr zu werden.
Dass die Weine aus diesen neuen, resistenteren Sorten nichts an Qualität einbüßen, durften wir bei der abschließenden, sehr lehrreichen und „geschmackvollen“ Weinverkostung erleben. Die ausgiebige und von Dr. Eder leidenschaftlich beschriebene Rundreise durch das Spektrum der Angebote wird uns noch lange im Gedächtnis bleiben.
Den Abend ließen wir beim obligatorischen Besuch beim Heurigen ausklingen.
Der nächste Morgen führte uns zur BOA-Farm nach Wildendürnbach.
Der eindrucksvolle Betrieb wurde uns von der Betriebsleiterin Daniela Wintereder vorgestellt.
Seit 1993 wird der Betrieb biologisch bewirtschaftet. Im Jahr 2002 erfolgte die Umsiedlung des Betriebes auf diesen Standort. Der Mitterhof befindet sich im nördlichen Weinviertel direkt an der Grenze zu Tschechien. Auf den arrondierten Weide- und Futterflächen von mehr als 300 ha rund ums Haus werden 250 Mutterkühe der Rasse Aberdeen Angus und einige Galloways gehalten. Einschließlich der Nachzucht befinden sich ca. 600 Tiere im Betrieb. Die Abkalbungen finden in 2 Blöcken statt, einmal im Herbst ab September und der zweite Block im Frühjahr in den Monaten Februar und März. Das Erstkalbealter liegt bei 24 Monaten.
Im Jahr 2008 wurde das nach kanadischem Vorbild errichtete „Kuhhotel“ eröffnet. Das Herzstück bilden 8 Abteile mit den Maßen 50 x 50 m, aufgeteilt in 2 x 4 nebeneinander liegende „Zimmer“. In der Mitte befindet sich der Futtergang, welcher gleichzeitig als Treibegang genutzt wird.
Tiere, die nicht zur Zucht verkauft werden, werden in der eigenen Hofmetzgerei geschlachtet. Je nach Bedarf werden so wöchentlich 2 bis 4 Tiere geschlachtet und nach Reifung des Fleisches vermarktet. Dies erfolgt überwiegend über den eigenen Hofladen, verschiedene Gastronomen und eine Schlachterei.
Für den Nachmittag stand der Besuch auf dem Bio-Hof von Edeltraut und Franz Hamal ebenfalls in Wildendürnbach auf dem Programm.
Hier werden im Nebenerwerb rund 85 Hektar Ackerfläche bewirtschaftet. In der Fruchtfolge befinden sich 2 – 3 Jahre Luzerne, danach 2 Jahre Winterweizen, Körnermais, Dinkel, Triticale, Roggen, Hafer und Sonnenblumen.
Das Speisegetreide wird überwiegend über einen Bio-Händler vermarktet. Das Futtergetreide wird an die Tiere verfüttert. Neben 45 Mutterkühen der Rasse Charolais werden hier noch Schweine, Schafe und Ziegen (überwiegend für die Landschaftspflege) gehalten. Neben Legehennen für die Eierproduktion gibt es zweimal jährlich auch Masthänchen und Enten.
Die Produkte Fleisch und Getreide sind ab Hof erhältlich.
Eine Besichtigung der Tiere auf der Weide ist leider (man glaubt es kaum) einem Regenschauer zum Opfer gefallen. Trotzdem ein sehr beeindruckender Besuch.
Anschließend ging es zurück in unser Hotel, wo am Abend unsere jährliche Mitgliederversammlung durchgeführt wurde. Der stellvertretende Vorsitzende des BVS, Eberhard Breiling, führte durch die Tagesordnung in der unter anderem eine notwendige, im Sinne der Gemeinnützigkeit des Vereins erforderliche Satzungsänderung vorgestellt und anschließend von der Versammlung beschlossen wurde. Es wurden über Aktivitäten des Vereins berichtet und kommende Events diskutiert. Der Kassierer Bernd Nolte stellte in gewohnter Manier die Entwicklung der Finanzen vor, eine Entlastung des Vorstands war nicht nötig, da sich das Geschäftsjahr verändert hat. Im Anschluss an die Versammlung ließen wir den Abend gemütlich ausklingen.
Am nächsten Morgen hatten wir noch einen letzten Programmpunkt. Wir besichtigten den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Frühwald mit ihrem Bio-Hofladen in Langenschönbichl.
Es handelt sich um einen Fleckvieh-Fleisch-Zuchtbetrieb, in dem auch Schweinen und Geflügel zur Vermarktung im Hofladen gehalten werden. Der Betrieb wurde 1986 mit etwas Eigenland gegründet. Der Pachtbetrieb mit mittlerweile 100 ha im Ackerbaugebiet ernährt neben der Familie noch einen Mitarbeiter und eine Auszubildende. Auf dem biologisch betriebenen Acker werden neben Getreide noch Leguminosen angebaut. Was die Rinderhaltung betrifft, so sagte uns der Betriebsleiter, habe er viele Rassen ausprobiert, aber die Rasse Fleckvieh hatte am meisten überzeugt. Die Bullen für die Direktvermarktung werden recht intensiv mit Silomais auf zugekauftem Stroh gemästet, alle anderen Absetzer werden in der Regel zur Zucht verkauft. Die Schlachtungen werden im eigenen EU-anerkannten Schlachthof durch den Mitarbeiter und den Sohn vorgenommen. Die Mutterkühe stehen im neu errichteten Offenstall auf Tretmist, der drei Mal im Jahr entmistet wird. Die Abkalbungen erfolgen in einer Abkalbebucht, in der sich die Kühe und Kälber aneinander gewöhnen können. Die Jungrinder zur Remonte laufen auf acht ha Grünland.
Die Lage mitten im Ort ist sehr beengt und die Vermarktung trotz Stadtnähe sehr schwankend. Eine notwendige Preiserhöhung im Frühjahr führte zu einer erkennbaren Kaufzurückhaltung, aber mittlerweile habe sich der Absatz stabilisiert, schließlich mussten auch Supermärkte und andere Anbieter die Preise anziehen.
Nach ausführlicher Diskussion und kleinen Einkäufen im Hofladen dankten wir unserem Züchterkollegen Hannes Neidl für die hervorragende Organisation des abwechslungsreichen Programms und machten uns auf den Heimweg. Das nächste Treffen in diesem Jahr 2023 soll wieder Anfang Oktober stattfinden.
Hubertus Johlen
Bernd Nolte